Ein genauer Blick auf das Weinviertel
Das Weinviertel hat wenige internationale Bewohner
Am Beginn unserer Informationsserie zum Thema Migration, Zuwanderung und Integration haben wir uns einige Zahlen und Fakten für Österreich angesehen. Nun betrachten wir unsere nähere Lebensumwelt: Niederösterreich und die Region Weinviertel Ost. Wie viel AusländerInnen leben denn tatsächlich bei uns? Zuerst die Zahlen für Österreich: Rund 15 von 100 in Österreich lebender Menschen haben keine österreichische Staastbürgerschaft - wer es genauer will, spricht von 14,6 Prozent. 85 von 100 ÖsterreicherInnen sind also gleichzeitig auch Österreichische Staatsbürger.
Das östliche Weinviertel ist weitaus weniger international. Hier haben mindestens 90 von 100 Bewohner die Österreischische Staastbürgerschaft. Im Bezirk Mistelbach liegt der Wert sogar bei fast 95 Prozent. Das ist ein durchaus überraschender, rekordverdächtiger Wert.
Die wenigsten hier lebenden AusländerInnen sind Asylwerber
Sehen wir uns etwas genauer an, wie sich die Gruppe in Österreich lebender AusländerInnen zusammensetzt. Da das Thema Flucht und Asyl derzeit in aller Munde ist, wollen wir wissen, wie hoch der Anteil der Asylwerber und Flüchtlinge unter den AusländerInnen in Österreich ist: Es sind gerade mal 12%. Das bedeutet, von allen Menschen, die bei uns leben und die keine Österreichische Staatsbürgerschaft haben, machen die Asylwerber 12 Prozent aus.
Selbst wenn wir anerkannte Flüchtlinge und die in so manchen Wirtschaftsbereichen für Österreich praktisch unverzichtbaren Saisonniers dazuzählen, umfasst diese Gruppe weniger als ein Drittel aller AusländerInnen. Was sich wohl die weitaus größere Gruppe an Menschen ohne Österreichsche Staatsbürgerschaft, die aber eine aufrechte Aufenthaltsbewilligung haben, darüber denkt, dass hierzulande nur noch über "Flüchtlinge" gesprochen wird?
Ausländische Staatsangehörige leben vorrangig in Wien
Im Bundesländervergleich hat Niederösterreich den 2. niedrigsten Anteil an AusländerInnen, nämlich gerade einmal 9,2% - obwohl hier das größte Erstaufnahmezentrum Österreichs liegt (noch ein Hinweis, dass sich keineswegs alles um Asylwerber dreht). Nur das Burgenland hat mit 8,2% einen etwas niedrigeren Wert. Spitzenreiter ist Wien mit 27,4%.
Und im Weinviertel? Es scheint, als ob die Weinviertler wirklich gerne unter sich bleiben. Im Bezirk Mistelbach haben 94,4% aller hier lebenden Menschen die Österreichische Staatsbürgerschaft, im Bezirk Korneuburg sind es 91,6% und im Bezirk Gänserndorf 90,7%.
Zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund zählen alle Personen, deren beide Elternteile im Ausland geboren wurden – und zwar unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Wir haben uns die Zahlen der drei genannten Bezirke angesehen. Dabei fällt auf:
Es leben etwas mehr Frauen als Männer mit Migrationshintergrund in unserer Region.
Meist wird ja das Gegenteil kolportiert. Hier haben die Frauen die Nase aber einfach vorne.
Von Gastgebern und Gästen im Weinviertel
Im letzten Jahr haben mehr Menschen auf der Suche nach Asyl Österreich erreicht, als in den Jahren davor. Sie haben ihre Länder nicht freiwillig verlassen. Wer verlässt schon gerne seine Heimat? Krieg oder Verfolgung, weil die Menschen einen anderen Glauben haben oder einer bestimmten ethnischen Gruppe angehören, haben sie gezwungen, ihre Sachen zu packen und das Weite zu suchen. Einige davon haben es bis ins Weinviertel geschafft. Sie versuchen sich hier ein neues Leben aufzubauen, eine neue Heimat zu finden.
Nun sind es die Weinviertler nicht gerade gewöhnt, Zuwanderer aus dem Ausland willkommen zu heißen und aufzunehmen. Denn das Weinviertel hat einen der niedrigsten Ausländeranteile Österreichs. Man hat doch Berührungsängste und Ressentiments, vieles aus den anderen Kulturen ist fremd. Die meisten Einheimischen kennen die Menschen, die hier eine neue Heimat finden möchten, auch nach längerem Aufenthalt im selben Ort nicht.
Birigt und Peter Kainz aus Oberschoderlee wollten das ändern. Sie wollten die neuen Weinviertler und WeinviertlerInnen kennenlernen, ihnen ein Gesicht geben und sie mit den Einheimischen Nachbarn bekannt machen. Damit die Gäste im Weinviertel – wie Birgit und Peter Kainz die neuen Zuwanderer nennen – nicht nur hier ankommen, sondern auch als Nachbarn und Freunde angenommen werden. Das ist dem engagierten Künstlerehepaar wirklich ausgezeichnet gelungen. Wie, das erzählen wir euch hier.
Aus Einheimischen werden Gastgeber, aus Asylsuchenden werden Gäste.
Haben sich die Menschen erst einmal kennengelernt, verschwinden die Ängste meist ganz von alleine. Es entstehen Verbindungen zwischen einander und das Fremde ist plötzlich nicht mehr ganz so unbehaglich und wird Schritt für Schritt vertraut. Das große Ziel von Birgit und Peter Kainz war es „Flüchtlinge zu Freunden und Nachbarn zu machen“.
Begegnungsfotos mit Gastgebern und Gästen: den Menschen ein Gesicht geben.
Gemeinsame Bilder verbinden. Also wurden zunächst Fotos gemacht, Gruppen- oder Paarfotos von Gastgebern und Gästen. Die Menschen der beteiligten Gemeinden aus dem Land um Laa und aus dem Raum Mistelbach wurden eingeladen, sich über Bilder zu begegnen. Sie haben begeistert mitgemacht. Es wurde gelacht, es wurde fotografiert und aufeinander zugegangen. So sind viele tolle Begegnungsfotos entstanden, die die ersten Berührungsängste genommen haben.
300 fröhliche Gäste und GastgeberInnen beim Kennenlernfest
300 Menschen – einheimische GastgeberInnen aus dem östlichen Weinviertel und zugewanderte Gäste – verbrachten einen wunderbaren Nachmittag in Oberschoderlee. Er wird lange in Erinnerung bleiben. Es wurde über Grenzen hinweg musiziert, getanzt und gekocht und natürlich gemeinsam gegessen. Besonders die Tanzeinlagen sorgten für Begeisterung und das Essen für leckere internationale Geschmackserlebnisse.
Aufgereiht an den Wänden des Fest-Stadels boten die knapp 100 ausgearbeiteten Fotografien ein imposantes Gesamtbild der Menschlichkeit. Sie wurden beim Fest übergeben und gemeinsam bewundert. Sie sind bleibende Erinnerung an menschliche Begegnungen. "Es ist einfach toll", so wurde der Nachmittag beschrieben, der die neuen Nachbarn einander ein großes Stück näher brachte.
Menschen kamen in Kontakt, die einander sonst nur aus der Ferne sahen. Verbindungen wurden geschaffen, die bleiben. Viele einheimische Weinviertler und Weinviertlerinnen haben erkannt: "Das sind Menschen wie DU und ICH - mit ähnlichen Sorgen, Wünschen und Bedürfnissen." Heute ist klar: Die Fotos und das Kennenlern-Fest waren der Startpunkt für weitere gemeinsame Aktivitäten. Und noch etwas wurde erkannt: Ein aktives Miteinander und ein ehrliches Bemühen um Integration mag nicht immer leicht sein, es kann aber auch viel Freude bereiten - auf beiden Seiten!
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