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10 Fakten über die Geschichte des Weinviertels

Bereits vor 40.000 Jahren entdeckten die ersten Weinviertler:innen die Furchtbarkeit der Region, so dass das Weinviertel auf eine lange Besiedelungsgeschichte verweisen kann. Diese Tatsache, als auch die Lage vor den Toren Wiens, machten die Region allerdings auch zum heiß umkämpften Kulturland und mehrmals zum Entscheidungs-Schlachtfeld in der Geschichte. Tragische Schicksalsjahre mit dem Eisernen Vorhang - die eine Zeit in einem toten Winkel Europas brachte - führten schlussendlich dazu, dass die Weinviertler:innen heute im Herzen Europas leben.

10 Fakten zur Geschichte des Weinviertels sind hier zusammengefasst und bieten einen Überblick über wichtige geschichtliche Ereignisse.

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1. In der Ur- und Frühgeschichte war unser Land weit dichter besiedelt als andere Teile Österreichs.

Die günstigen Klimaverhältnisse und die besondere Beschaffenheit unserer fruchtbaren Böden boten perfekte Voraussetzungen für die Ansiedelung der ersten Weinviertler:innen. Sie bestellten die fruchtbaren Lössböden mit Getreide und errichteten sogenannte Kreisgrabenanlagen, wo sie ihren Kulten nachgingen.

2. In der Eisenzeit lebten bereits reiche Fürsten im Weinviertel.

Davon zeugen heute noch mächtige Grabhügel von dieser frühen Besiedelungsgeschichte (die der Hallstattkultur entstammen, 8.-5. Jahrhundert v.Chr.). Der höchste Weinviertler Grabhügel aus dieser Zeit ist der „Tumulus“ von Großmugl – der wohl eindeutiger Namensgeber der gleichnamigen Ortschaft ist. Mit einem Durchmesser von 50 Metern und 16 Metern Höhe ist er außerdem der größte mitteleuropäische Grabhügel der Hallstattkultur, aber nicht der einzige im Weinviertel: Hügelgräber finden sich auch in Niederhollabrunn, Niederfellabrunn, Unterzögersdorf, Bernhardsthal und Rabensburg. Die Liste ist lang – und Luftbildaufnahmen lassen darauf schließen, dass in anderen Teilen des Weinviertels, viele weitere bereits eingeebnete und daher fast gänzlich zerstörte Grabhügel zu finden sind.

3. 1278 begann auf Weinviertler Boden die Habsburgerherrschaft als Rudolf von Habsburg den böhmischen König Ottokar bei der Schlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen besiegte.

Das mittelalterliche Weinviertel wurde Zeuge für den beginnenden Aufstieg der Habsburger. 1273 wurde Rudolf von Habsburg zum deutschen König gewählt, der im Konflikt mit dem mächtigen böhmischen König Ottokar, der zu diesem Zeitpunkt auch Österreich beherrschte, aufnahm. Im Sommer 1278 kam es zur großen Schlacht zwischen Rudolf und Ottokar bei Dürnkrut und Jedenspeigen. Der Schlachtzug führte, mit Unterstützung der Ungarn, schlussendlich zu einem Sieg von Rudolf und damit zum Beginn der Habsburgerherrschaft.

4. Im Juli 1809 fand die größte Schlacht der napoleonischen Kriege in der Umgebung von Deutsch-Wagram statt, in der Napoleon über Erzherzog Karl von Österreich siegte.

Auch zu Zeiten Napoleons blieb das Weinviertel nicht verschont. Im Juli 1809 kam es zur bisher größten Schlacht der napoleonischen Kriege. 300.000 Soldaten trafen bei den Kämpfen bei Wagram (in der Umgebung von Deutsch-Wagram) aufeinander. Napoleon sollte am Ende als Sieger über Erzherzog Karl von Österreich hervorgehen. Noch heute zeugen mehrere Gedenktafeln in einzelnen Orten des Schlachtfelds vom Blutvergießen dieser Tage. Wagram war die erste Schlacht, in der es Napoleon nicht gelang, bei einem Sieg nur wenige Verluste zu verzeichnen. Österreich musste aufgrund des Kriegsausganges große Gebiete (rund 100.000 km²) abtreten und verlor dabei auch den Zugang zum Meer (an der Küste Kroatiens). Eine weitere Folge des Friedensschlusses war auch die Ehe Napoleons mit der österreichischen Kaisertochter Marie-Louise.

5. 1918 verließ der letzte österreichische Kaiser vom Schloss Eckartsau aus Österreich – das war das Ende der Habsburgerzeit.

Die Folgen des 1. Weltkrieges führen 1918 zur Abdankung Kaiser Karls und damit zum Ende der Habsburgerzeit. Von Eckartsau aus verlässt Karl Österreich.

6. Die Weinviertler Ortschaften waren bei den vielen kriegerischen Auseinandersetzungen –  bei denen es nicht nur um Weinviertler Grund und Boden ging, sondern meist um Wien – oft zweimal Opfer von Plünderung, Zerstörung und Leid.

Oftmals wurden unsere Dörfer im Zuge von kriegerischen Auseinandersetzungen bei und in Wien gleich zweimal Opfer von Plünderung und Zerstörung – zuerst beim Einmarsch und dann beim Rückzug der feindlichen Truppen. Die topographischen Gegebenheiten und die Vegetation des Weinviertels boten für die Bevölkerung dabei kaum Schutz vor einfallenden Kriegern und Soldaten. So nutzte man, so gut es ging, jede Senke, jede Geländevertiefung als Schutz vor Angreifern und baute hier Höfe und Häuser dicht an dicht zusammen. Bis heute prägt diese „geschlossene Bauweise“ das Ortsbild unserer Weinviertler Dörfer – ihre Geschichte ist wahrlich umstritten.

7. Erst 1888 tauchte der Begriff „Weinviertel“ das erste Mal als Gebietsbezeichnung auf – allerdings noch für ein viel kleineres Gebiet als wir es heute kennen.

Der Begriff Weinviertel jedoch tauchte in schriftlicher Form erst deutlich später auf. 1888 erschien der 4. Band des Werks „Die österreich-ungarische Monarchie in Wort und Bild“, kurz das Kronprinzenwerk. In diesem umfangreichen landeskundlichen Buch schien der Name „Weinviertel“ zum ersten Mal für das Gebiet zwischen dem Manhartsberg und dem Klippenzug (Rohrwald, Leiser Berge, Falkensteiner Höhen) auf.

8. 1928 wurde das Weinviertel zum ersten Mal als Landschaftsgebiet so definiert, wie wir es heute kennen.

1928 wird in Dr. Leo Helmers Werk „Das niederösterreichische Weinviertel östlich des Klippenzugs“ zum ersten Mal das Weinviertel so definiert, wie wir es heute kennen – einschließlich des Marchfelds! Damit schien der Bann gebrochen und der Begriff „Weinviertel“ setzte sich im weiteren Verlauf des 20 Jahrhunderts, unter dem Einfluss bekannter Persönlichkeiten und kultureller Werke endgültig durch. Als Marke steht er heute stolz für eine Sehnsuchtsdestination („Weinviertel Tourismus“) oder für das regionstypische „Pfefferl“ in unserem exzellenten Grünen Veltliner („Weinviertel DAC“) und transportiert unsere Lebensart der genussvollen Gelassenheit weit über Manhartsberg, March, Thaya und Donau hinweg – in alle Welt.

9. Durch den Eisernen Vorhang wurde das Weinviertel an den geografischen Rand der westlichen Welt gedrängt – Abwanderung und Stillstand waren die Folgen.

Diese Grenze verlief auch am nördlichen und östlichen Rande des Weinviertels – hier schottete sich die damalige Tschechoslowakei, als Bruderstaat der Sowjetunion vom Westen ab. Nur zwei Jahre nach der kommunistischen Machtergreifung begann das Regime ab 1950, zunächst Verkehrswege in den Westen zu verbarrikadieren und Grenzübergänge zu schließen. Als dann 1956 die blutige Niederschlagung des Volksaufstands in Ungarn in einer größeren Fluchtwelle endete, verstärkte auch die Tschechoslowakei ihre Grenzanlagen massiv. Fortan bestanden sie aus (zwei) Zaunreihen mit einem Abstand von mehreren Metern. Der landeinwärts verlaufende Zaun stand unter Hochspannung, dahinter folgte ein abschreckendes Arsenal aus Signalminen, Infrarotsperrsystemen, mit Leuchtraketen verbundenen Stolperdrähten und Panzersperren – in einzelnen Grenzabschnitten waren sogar Landminen verlegt. Überwacht wurde die Grenze von der paramilitärischen Grenztruppe Pohraniční stráž (PS): Wer bei einem Fluchtversuch erwischt wurde, musste mit allem rechnen – allein schon auf Fluchtplanung standen 10 Jahre Haft. Unzählige Menschen sollten hier bis 1990 den Tod finden.

Durch den Eisernen Vorhang wurde das Weinviertel an den geografischen Rand der westlichen Welt gedrängt und im damaligen Verständnis – überhaupt an das Ende der Welt. Es war als hätte man dem Weinviertel alle Möglichkeiten geraubt – und damit auch jedes Selbstbewusstsein. Abwanderung und (wirtschaftlicher) Stillstand waren die Folgen dieser Zeit und damit auch eine Aussichtslosigkeit auf jegliche Entwicklung.

10. „Wind of Change“ 1989 für das Weinviertel – über Nacht war das Weinviertel Mittelpunkt eines neuen Europas.

1989 bringt für Europa den „Wind of Change“, die Öffnung der Länder des Warschauer Pakts, die durch die neue Sowjet-Führung unter Mikhail Gorbatschow unwidersprochen bleibt. Für die Tschechoslowakei bringt es die „samtene Revolution“ – den weitgehend gewaltfreien Systemwechsel vom Realsozialismus zur Demokratie in der Tschechoslowakei.

Am Freitag, den 1. Dezember 1989 um 14:18 Uhr veröffentlicht die APA (Austria Presse Agentur) die Eilmeldung, dass Österreich die Visumspflicht für CSSR-Bürger ab sofort und bis 17. Dezember einseitig aufheben wird. Aus inoffiziellen Quellen des Prager Innenministeriums sickern außerdem Informationen vom bevorstehenden Abbau der Grenzsperren des Eisernen Vorhangs an der Grenze zu Österreich durch. Am 4. Dezember um Punkt Mitternacht wird schließlich wahr, wovon Tschech:innen, Slowak:innen wie Weinviertler:innen jahrzehntelang geträumt haben: Die offizielle Öffnung der CSSR-Grenzen tritt in Kraft, Bürger:innen der Tschechoslowakei benötigen zur Ausreise nur noch einen Reisepass, und Österreich verlangt kein Visum mehr. Über Nacht wird das Weinviertel zur Weltbühne historischer Ereignisse. An den Grenzübergängen begegnen sich Ost und West, Tschech:innen, Slowak:innen und Österreicher:innen, Europäer:innen, über Jahrzehnte durch einen Eisernen Vorhang getrennt, wiedervereint in einer Dezembernacht, die noch vor wenigen Monaten niemand je für möglich gehalten hätte.

Mitte Dezember treffen sich der österreichische Außenminister Alois Mock und sein tschechischer Kollege Jiří Dienstbier am Weinviertler Grenzübergang Kleinhaugsdorf und fahren dann weiter nach Laa an der Thaya um dort symbolisch den Stacheldraht des Eisernen Vorhangs zu durchschneiden – ein historischer Moment dessen Bilder heute noch die Geschichtsbücher fülle. Im Weinviertel herrschte Volksfestatmosphäre.

Über Nacht war das Weinviertel 1989 nicht mehr Ende der freien Welt – sondern Mittelpunkt eines neuen und freien Europas. Für das Weinviertel war der Fall des Eisernen Vorhangs eine Jahrhundertchance und die Weinviertlerinnen und Weinviertler haben sie genutzt.

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