Mein Vater war Jahrgang 1931 und durfte als einer der Jüngsten beim Ratschen mitgehen – auch seine „Spezln“ des Jahrgangs 1932. Alle Burschen hatten eine Schubkarren-Ratsche, die nie aufgeputzt wurden – wie es in anderen Ortschaften rundum üblich war. Was jedoch sehr wichtig war: alle Burschen mussten ordentlich gekleidet sein – sprich die älteren Burschen trugen Anzugjacken, die gute Hose – auch die Jüngeren – die dann gleich noch ein Fiata drüberzogen, damit nichts schmutzig wurde.
Der Ratschermeister musste sich beim Herrn Pfarrer seine „Sprüchl“ holen gehen (es waren zwar jedes Jahr haargenau die gleichen, aber es dürfte dem Pfarrer ein Anliegen gewesen sein, die Burschen auf diese ernsthafte Angelegenheit gut vorzubereiten).
Am Gründonnerstag wurde am Vormittag das „Ratscherkreuz“ hergerichtet. Vor und um das Kreuz wurde ordentlich sauber gemacht, gekehrt und das Kreuz mit Buchsbaum – ab den 70er Jahren sogar mit Kunstblumen – geschmückt und nochmals die Ratscherzeiten kommuniziert (was ja sonderbarerweise wieder Sache der Mütter war, die Burschen zeitgerecht zu wecken).
In Altenmarkt wurde am Karfreitag um 5/7/12/13 und 18 Uhr durchs Dorf „geratscht“ und am Karsamstag um 5/12 und 18 Uhr. Lange wurde am Karfreitag auch eine Kreuzwegandacht nach dem 7 Uhr-Ratschen gehalten. Der Vormittag am Karsamstag wurde vom Ratschermeister und seinen Vor- und Nachratschern genutzt, um bei den Haushalten um „Eier – Flecken – Geld“ zu bitten „Mia Ratscha tatn bittn um Oa, Fleckn, Göd!“ Großzügig wurden bunte Ostereier und rohe Eier, die wiederum für bares Geld verkauft werden konnten, spendiert. Jeder Ratscher erhielt dem Alter entsprechend etwas Geld (das konnte dann zum Beispiel 1 Schilling pro Lebensjahr sein) – den Rest teilten sich immer der Meister und seine Vor- und Nachratscher. Aus den „Fleckn“ wurden im Lauf der Zeit köstliche Torten und Naschwerk, einen kleinen Anteil durften sich die Ratscher dann am Karsamstag Nachmittag beim Ratschermeister holen. Das war gerecht, weil jeder Bub einmal so weit war Ratschermeister zu sein. Je nachdem wie viele Buben der jeweilige Meister-Jahrgang hatte, musste dann halt auch geteilt werden. Ratschermeister wurde man mit ca. 14/15 Jahren.
Das 18 Uhr Ratschen am Karsamstag dauerte immer recht lange, da die Burschen dann noch ein 2. Mal die Runde durchs Dorf zogen, was vor allem für die Kleineren anstrengend war – „Wir ratschn, wir ratschn – zum letzten moi zsam“.
Später kamen dann auch Handratschen auf und nur mehr die Kleinen fuhren mit der Schubkarren-Ratschen.
Natürlich wurden die Burschen von den Mädchen heiß beneidet um dieses Vorrecht des „Ratschens“. Den Ratscherbuben wurde nicht nachgelaufen und auch sie selbst mussten sich ordentlich benehmen. In den letzten Jahren haben sich Ratschergruppen gebildet, die ein buntes Bild von Kindern, Müttern und Vätern, Opas und Omas abgeben – meine eigenen Söhne waren immer ganz stolz, wenn sie sich selbst zutrauten, alleine/mit Freunden oder den Brüdern zum Ratschen zu gehen, da wäre ich mir recht überflüssig vorgekommen.
Übrigens: Vor einigen Jahren fiel auch diese reine „Burschen“-Bastion. Altenmarkt war eines der allerletzten Dörfer, wo sich Buben (eigentlich mehr die Väter dahinter) standhaft weigerten auch Mädchen mitgehen zu lassen. Aber wie es so oft ist – aus reinem „Personalmangel“ dürfen dies jetzt auch die Mädchen und waren sogar schon als Ratschermeisterinnen unterwegs.
Seite teilen: